„Verfassungsschutz“ bewertet Junge Alternative als „gesichert rechtsextrem“

„Verfassungsschutz“ bewertet Junge Alternative als „gesichert rechtsextrem“

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Zuletzt aktualisiert 27. April 2023

Das Bundesamt für „Verfassungsschutz“ hat die Junge Alternative (JA), das Institut für Staatspolitik (IfS) und die Initiative „Ein Prozent“ als „gesichert rechtsextreme“ Organisationen eingestuft. Die Konsequenzen schrecken manchen, aber nicht jeden: Wer in einer dieser Organisationen Mitglied ist, kann nicht mehr erfolgreich einen „kleinen Waffenschein“ beantragen. Falls er sich öffentlich exponiert und Beamter ist, muss er mit seiner Entlassung aus dem Staatsdienst rechnen. Alle drei Organisationen werden mit einem entsprechenden Kapitel als „rechtsextreme Organisationen“ in den „Verfassungsschutzberichten“ des Bundes und der Länder bedacht.

Vor allem aber ist der Schritt eine weitere Vorstufe zur Verächtlichmachung der AfD als „gesichert rechtsextreme“ Partei. Und er dient offenbar dem Zweck, Öl in das Feuer bereits bestehender Meinungsverschiedenheiten und Polaritäten innerhalb der AfD zu gießen. Wer sich für „gemäßigt“ hält, könnte jetzt auf die Idee kommen, Ausgrenzung und Ausschluss der JA zu fordern. Teile und herrsche – diese Methode funktioniert bereits seit den Zeiten des alten Rom. Und trotzdem fallen auch im 21. Jahrhundert immer noch Menschen auf diesen Mechanismus herein.

Der „Verfassungsschutz“ wirft den Mitgliedern der drei fokussierten Organisationen vor, Anhänger eines „völkischen Gesellschaftskonzeptes“ zu sein. So berichtet es die „Morgenpost“. Sie legen es dieser Annahme zufolge darauf an, „Angehörige vermeintlich anderer Ethnien auszugrenzen und deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund als Deutsche zweiter Klasse abzuwerten“.

Der „Verfassungsschutz“ verwendet in diesem Zusammenhang die begrifflichen Konstruktionen des „völkischen Kollektivismus“ und des „biologistischen Menschenbildes“. Demnach soll nur Deutscher sein können, wer deutsche Eltern hat. Die Integration von Zuwanderern wäre nach einer solchen Doktrin nicht wünschenswert, vielleicht sogar unmöglich.

Das „völkische Gesellschaftskonzept“ ist eine seit den 1950er Jahren vom „Verfassungsschutz“ entwickelte politische Konstruktion, die sich an den Antisemitismus des Dritten Reiches anlehnt. Alfred Rosenberg, der Chefideologe der NSDAP, ordnete den Juden dämonische Eigenschaften zu, die deren Zugehörigkeit zum deutschen Volk uneingeschränkt unmöglich machen sollten.

Sieht man von der Dämonisierung der Juden ab, wurde ein solches „Gesellschaftskonzept“ selbst im Dritten Reich nicht umgesetzt. Araber, Türken und Krim-Tataren trugen Uniformen der Waffen-SS. Chiang Wei-kuo, Adoptivsohn des taiwanesischen Staatsgründers Chiang Kai-shek und später einer der Begründer der taiwanesischen Armee, war Fahnenjunker der deutschen Gebirgsjäger und konnte 1939 durch Mitarbeiter der chinesischen Botschaft in Berlin nur knapp davon abgehalten werden, sich in den Polenfeldzug zu stürzen.

Das „völkische Gesellschaftskonzept“ (als ein über die Diffamierung der Juden hinausgehender, allgemeiner Ausschluss aller Menschen fremder Herkunft aus der deutschen Volksgemeinschaft) ist wahrscheinlich die einzige Ideologie, die niemals Anhänger hatte (abgesehen von bezahlten V-Leuten), sondern komplett zu dem Zweck entwickelt worden ist, politische Gegner der Gemeinschaft aller billig und gerecht denkenden Menschen zu definieren und gesellschaftlich auszugrenzen. Der AfD und den Vorständen der drei betroffenen Organisationen ist also die Aufgabe gestellt, nachzuweisen, dass sie nicht einer vom Gegner erdachten, nicht real existierenden Ideologie anhängen.

Die Parallelen zur Verfolgung von Hexen und Zauberern in vormoderner Zeit sind verblüffend: Nie hat es auch nur eine einzige Hexe, nie auch nur einen einzigen Zauberer gegeben. Trotzdem füllen Mitschriften aus Hexenprozessen ganze Bibliotheken, und das Feuer der Scheiterhaufen verzehrte in mehreren Jahrhunderten rund 50.000 Menschen.

Der Kern des Problems der Gegenwehr besteht darin, dass es unmöglich ist, nachzuweisen, dass man nicht Anhänger einer (außerhalb des Sonderfalls des Antisemitismus und der V-Leute) nicht existierenden politischen Ideologie ist. Der Nachweis wird über aus dem Zusammenhang gerissene Zitate und über Analogieschlüsse geführt, und über Äußerungen bezahlter Provokateure. Leugnen und Abstreiten sind zwecklos.

Erinnert sei allerdings daran, dass es am Ende des 18. Jahrhunderts deutsche Gerichte waren, die dem Irrsinn der Hexenverfolgung ein Ende bereiteten. Leider erst nach etwas mehr als 300 Jahren. Vielleicht müssen wir uns einfach in Geduld üben, während wir dem Irrsinn unserer Zeit trotzen?

Historische Darstellung oben: Hexenverfolgung im 15. Jahrhundert. Ein gutes halbes Jahrtausend später wird die AfD geröstet.

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