Wie arbeitet der „Verfassungsschutz“?

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Zuletzt aktualisiert 27. April 2018

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel hat in einem Interview mit der ARD den Verdacht geäußert, ihre Partei werde von Agenten und Provokateuren der Geheimdienste unterwandert. Sie sagte: „Ich bin der festen Überzeugung, dass die AfD von vereinzelten V-Leuten schon infiltriert ist. Wenn man sich die Geschichte anguckt von anderen Parteien in Deutschland, die mal den Versuch unternommen haben, man schaut sich die Republikaner an oder auch andere Bewegungen, dann sind diese Parteien unterwandert worden von V-Leuten.“

Guter Geheimdienst, böser Geheimdienst

Diese Einschätzung teile ich und möchte deshalb nachfolgend einige Erfahrungen veröffentlichen, die ich mit Provokateuren und Beschaffungs-Extremisten gemacht habe, nachdem ich 1989, 2004 sowie zuletzt 2009 für politisch unerwünschte Vereinigungen in den Rat der Stadt Köln gewählt worden bin und dadurch zum Zielobjekt geheimdienstlicher Zersetzungsaktivitäten wurde.

Aber eines vorweg: Die deutschen Geheimdienste schützen zwar nicht die Verfassung, sondern lediglich die politische Klasse der Bundesrepublik Deutschland, aber sie sind keine Verbrecherorganisation. Mitarbeiter von „Verfassungsschutz“, MAD und Bundesnachrichtendienst haben vielmehr seit 1949 eine Vielzahl von Straftaten verhindert und vielen Menschen das Leben gerettet. Im Kalten Krieg hatten sie Anteil am Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen in Mittel- und Osteuropa. Ihre Aktivitäten sind vielfältig, und der Beschaffungs-Extremismus für die Altparteien stellt davon nur einen kleinen Ausschnitt dar, mit dem eine Minderheit der in den Geheimdiensten tätigen Personen befasst ist.

Immer wieder haben in der Vergangenheit verantwortliche Beamte im Geheimdienst-Apparat den alten politischen Kräften die Gefolgschaft verweigert. Der langjährige Präsident des thüringischen Landesamtes für „Verfassungsschutz“, Helmut Roewer, hat mit seinen früheren Arbeitgebern gebrochen und Bücher veröffentlicht, die durchaus lesenswert sind und einen Blick hinter die Kulissen der Dienste ermöglichen.

Der amtierende Präsident des Bundesamtes für „Verfassungsschutz“, Dr. Hans-Georg Maaßen, lehnt den Missbrauch seiner Behörde für parteipolitische Zwecke ab. Er hat allerdings keinen Einfluss auf die 16 Landesämter für „Verfassungsschutz“, von denen derzeit die größte Gefahr für die AfD ausgeht – und er kann nicht ständig persönlich jede einzelne V-Person seines Bundesamtes kontrollieren.

Wie nun schaden Provokateure einer politischen Partei? Antwort: Dadurch, dass sie die Partei mit extremistischen Inhalten und deren Trägern kontaminieren.

Extremismus aus dem Hinterzimmer

V-Personen der Geheimdienste organisieren vielerorts Hinterzimmer-Gesprächskreise, in denen sie die „Richtigen“ politischen Akteure mit den „Falschen“ zusammenbringen. Sie nennen sich „Regionaler Gesprächskreis“, „Dienstagsrunde“, „Runder Tisch“ oder ähnlich harmlos.

Einen solchen Gesprächskreis unterhielt im Jahr 1990 auch Peter Weinmann in Bonn, der mich einlud, an einem seiner Treffen teilzunehmen. Ein „hochkarätiger Journalist“ würde einen Vortrag halten, teilte mir Weinmann mit, und ich sollte zudem im Anschluss an die Versammlung für ein Zeitungsinterview Fragen beantworten. So etwas hört man als frisch gewählter Kommunalpolitiker gerne.

Allerdings galt Peter Weinmann auch bereits im Jahr 1990 als undurchsichtig und politisch windig. Also fragte ich nach: Wer ist der Journalist? In welcher Zeitung soll das Interview erscheinen? – Weinmann murmelte einen Namen und sagte, das Interview erscheine in der „Welt“.

Überprüfen ließen sich seine Angaben nicht. Also zog ich es vor, dem Hinterzimmer-Treffen fern zu bleiben. Allerdings ließ ich es mir nicht nehmen, einen Beobachter zu der ominösen Begegnung zu entsenden.

Und siehe da: Der „Journalist“ war Karl-Heinz Vorsatz, Chefredakteur des NPD-Parteiorgans „Deutsche Stimme“. Bei der Versammlung ging es offenbar ausschließlich darum, Vertreter der Republikaner mit NPD-Funktionären in eine Verbindung zu bringen. Dabei wurde selbstverständlich fleißig fotografiert und so gegen jeden anwesenden Republikaner Schmutzmaterial beschafft.

Weinmann wurde mittlerweile als V-Mann des „Verfassungsschutzes“ und „Stasi“-Agent enttarnt. Zudem stand er im Sold mehrerer ausländischer Geheimdienste.

Öffentliche Versammlungen als Gefahrenquelle

Ähnliche Ziele verfolgen Provokateure bei öffentlichen Versammlungen. Viele Anhänger von NPD und Hogesa („Hooligans gegen Salafisten“) sind V-Personen des „Verfassungsschutzes“. Sie suchen regelmäßig öffentliche Versammlungen der AfD auf und lassen sich dort fotografieren. So entsteht der – sachlich falsche und absichtsvoll inszenierte – Eindruck einer „personellen Verflechtung“.

Das Versammlungsrecht lässt es nicht zu, unerwünschte Personen aus einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel zu entfernen, solange sie keine Straftaten begehen. Der Begriff der Straftat wird dabei von den Staatsanwaltschaften zum Vorteil der Provokateure extrem eng ausgelegt.

So habe ich einmal erfolglos versucht, mit Hilfe der Polizei gegen rund 10 Personen mit Hogesa-Kleidungsstücken vorzugehen, die eine Versammlung gestört haben, bei der ich Redner war. Die Hogesa-Beschaffungsextremisten skandierten lautstark und wiederholt die Losung „Deutschland den Deutschen, Ausländern raus“. Der Einsatzleiter der Polizei, den ich aufgefordert habe, gegen dieses Verhalten tätig zu werden, kontaktierte daraufhin einen in Bereitschaft stehenden Staatsanwalt. Der Staatsanwalt entschied, das wiederholte, lautstarke und öffentliche Skandieren der Losung „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ würde nicht einmal den Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung begründen, der die Feststellung der Personalien der Hogesa-Personen ermöglichen würde. Folgerichtig blieb die Polizei untätig.

Dem Versammlungsleiter ist es in einer solchen Situation nicht erlaubt, die Provokateure mit eigenen Ordnern oder anderen Versammlungsteilnehmern abzudrängen.

Deshalb birgt jede öffentliche Versammlung die Gefahr einer Kontaminierung durch Beschaffungsextremisten.

Mikropunkte: Der Spion im Drucker

Eine weitere Gefahrenquelle sind Ausgabegeräte aller Art: insbesondere Tintenstrahl- und Laserdrucker. Sie drucken unsichtbar eine Kombination von Mikropunkten auf jedes von ihnen ausgegebene Papier, aus der sich ergibt, um welchen Drucker es sich handelt und wann der Ausdruck erfolgte, wobei der Zeitstempel selbstverständlich nur stimmt, falls das Gerät über eine richtig eingestellte Uhr oder über Zugang zu einem Zeitmesser im Netzwerk verfügt. Der Drucker kann regelmäßig, falls er nicht privat weitergegeben wurde, bis zu seinem aktuellen Standort verfolgt werden.

Im Januar 2005 stand in Köln plötzlich und unerwartet mein Nachbar Willy Müller vor meiner Wohnungstür und klagte über ein technisches Problem, das er mit seinem Drucker habe. Zwei Jahre lang hatte er versucht, sich in mein Vertrauen einzuschleichen, jetzt wollte er ernten: Ich solle ihm doch den Gefallen tun, ein Blatt Papier für ihn auszudrucken. Das Dokument reichte er mir auf einer Diskette.

Ich kopierte den Inhalt der Diskette und täuschte sodann technische Probleme beim Ausdruck vor. Traurig zog Willy Müller davon.

Das Dokument war ein Brief an Michel Friedmann, der beleidigende und antisemitische Passagen enthielt. Hätte ich ihn auf meinem Drucker ausgegeben, wäre ich zum Mittäter einer klassischen rechtsextremen Straftat geworden.

Also: Wer Zugang zu einem Drucker in einem AfD-Partei- oder Fraktionsbüro hat, trägt besondere Verantwortung. Jeder einzelne Ausdruck kann der AfD zugerechnet werden. Provokateure werden über kurz oder lang versuchen, eigene Dokumente über Drucker der AfD auszugeben, um der Partei rechtsextreme Inhalte unterzuschieben.

Willy Müller wurde im März 2005 überführt, Kontakte zum SPD-Geheimdienstkoordinator Hans-Jürgen Wischnewski unterhalten zu haben. Er war unprofessionell genug, sich bei dessen Beerdigung am Sarg in der ersten Reihe fotografieren zu lassen …

Der gefälschte Brief

Ein anderes Mittel extremistischer Kontaminierung ist und bleibt die schlichte Fälschung, beispielsweis eines Briefes.

Im Jahr 1994 befasste sich der nordrhein-westfälische „Verfassungsschutz“-V-Mann Wolfgang Frenz mit einem unerwünschten Sozialrichter aus Bochum. Er wartete ab, bis seine Zielperson eine Urlaubsreise antrat. Dann verfasste er einen Brief unter dem Namen des Sozialrichters, der die rassistisch klingende Passage enthielt: „Das Blut der Deutschen ist ein besonderer Saft und unterscheidet sich gründlich von übelriechendem Schleim.“ Unter den Brief setzte Frenz mit einem Stempel in blauer Farbe den Namen des Bochumers, so dass der Eindruck einer persönlichen Unterschrift entstand. Den Brief versendete Frenz an mehrere Personen, deren Aufgabe darin bestand, sich über den Inhalt zu empören. Der Sozialrichter wurde daraufhin – und zwar ausdrücklich aufgrund des Inhaltes des gefälschten Briefes – aus dem Richteramt entlassen.

So kann es jederzeit auch AfD-Vorstandsmitgliedern und Mandatsträgern ergehen. Und anderen Richtern, die von der politischen Klasse als störend empfunden werden.

Krypto-Extremismus

Immer wieder gerne von Agent Provocateuren angewendet wird die Übertragung eines verborgenen, kryptischen Extremismus auf eine zu diffamierende Organisation. Dabei deponiert der Provokateur seine extremistischen Inhalte beispielsweise in einer Broschüre oder einem Buch mit minimaler Auflage – eine Veröffentlichung, von der nur wenige Eingeweihte wissen.

Sodann wird der Provokateur in die Partei eingeschleust und versucht, sich in einen Vorstand oder in ein Parlament wählen zu lassen, so dass er der Partei zugerechnet werden kann.  Keiner seiner Parteifreunde ahnt bei der Wahl, dass er neben einer tickenden Zeitbombe sitzt. Aber die geheimdienstlichen Auftraggeber sind im Bilde: Sie müssen jetzt nur noch den geeigneten Zeitpunkt abwarten, um „die Bombe hochgehen zu lassen“.

Wolfgang Frenz komprimierte Menschenverachtung, Rassismus und Antisemitismus in einer harmlos wirkenden Broschüre unter dem nichtssagenden Titel „Der Verlust der Väterlichkeit“. Die Broschüre war mehr als 100 Seiten stark, nicht bebildert und in einem schwer lesbaren Deutsch verfasst. Die extremistischen Passagen machten weniger als eine Drittel Seite aus. Sie waren nur mit viel Mühe zu ermitteln. Trotzdem ermöglichten sie es, jeden, der mit Frenz zu tun hatte oder z.B. die Broschüre bewarb, des „Rechtsextremismus“ zu bezichtigen.

Bei der AfD in Baden-Württemberg wurde eine Person auffällig, deren Verhaltensmuster verblüffende Parallelen zu denen des Wolfgang Frenz aufweisen.

Deutschland ist stärker!

Der Einsatz von Beschaffungsextremisten und Agent Provocateuren gegen die AfD wird voraussichtlich in den kommenden Jahren noch zu erheblichen Verwerfungen führen. Er lässt die intellektuelle Armseligkeit derer sichtbar werden, die den Einsatz der V-Personen veranlassen oder gutheißen. Sie haben offenbar jede Hoffnung aufgegeben, ihre Position in einer ehrlichen politischen Debatte, im aufrichtigen Ringen um den richtigen Lösungsweg noch irgendwie behaupten zu können.

Gegen die Provokationen hilft vor allem eines: Ein gefestigter eigener politischer Standpunkt. Wer den Provokateuren entschlossen die Stirn bietet und sich vom Weg der freiheitlichen, demokratischen Erneuerung Deutschlands unter gar keinen Umständen abbringen lässt, ist am Ende all jenen Akteuren, die auf ideologischen Schmutz und Intrigen setzen, haushoch überlegen.

Die deutsche Öffentlichkeit ist heute nicht mehr so leichtgläubig wie in den vergangenen Jahrzehnten. Das Internet hat sich zu einem Massenmedium und damit für die alten politischen Kräfte zu einem Problem entwickelt.

Wer will künftig noch Parteien wählen, die selbst über ihre Geheimdienste jenen „Rechtsextremismus“ und jene Menschenverachtung in Auftrag geben, die sie bei der AfD identifiziert sehen wollen?

Die große Epoche der Agent Provocateure war das 20. Jahrhundert, in dem sie Kriege beeinflussen und politische Schlachten entscheiden konnten. Ihre Zeit ist abgelaufen!

Abbildung oben: A. Paul Weber, „Das Gerücht“

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