Diese Reklame reicht aus für einen globalen Kulturkampf. | Urheber: American Eagle

Zuletzt aktualisiert 1. August 2025

Die Werbekampagne des US-Jeans-Herstellers American Eagle mit Sydney Sweeney hat einen globalen Kulturkampf ausgelöst. Offenbar testen Werbestrategen in Übersee aus, wie weit sie mit politisch aufgeladenen Motiven in den USA Donald Trumps gehen können, um maximale Aufmerksamkeit zu erzielen, ohne in einem Shitstorm unterzugehen. „Für den Kulturkampf reicht es heute, wenn eine Frau nicht dick und trans ist“, ätzt beispielsweise Don Alphonso hinter der Bezahlschranke der „Welt“.

Hintergrund der Kampagne

Im Juli 2025 lancierte American Eagle seine Herbstkampagne 2025 unter dem Motto „Sydney Sweeney Has Great Jeans“ – ein bewusstes Wortspiel zwischen „jeans“ und „genes“ (Gene).

In den Werbespots erläutert Sweeney in leichtem, provokantem Ton: „Gene werden (…) oft Haarfarbe, Persönlichkeit und Augenfarbe bestimmen. Meine Jeans ist blau.“ Anschließend folgt der Slogan: „Sydney Sweeney has great jeans.“

Die Kampagne startete auf einer virtuellen 3D-Werbetafel am Times Square im Herzen von New York. Sie vermarktet eine limitierte Denim-Jacke sowie eine Jeans-Linie. Mit jedem Kauf einer „Sydney Jean“ wurde eine Spende an die US-Hilfsorganisation Crisis Text Line verbunden, die Opfern häuslicher Gewalt beisteht.

Kritik & Kontroverse

Der Wortwitz zwischen „Jeans“ und „Genes“ wird von woken Kritikern als problematisch bewertet, weil er angeblich weiße Vorstellungen von genetischer Überlegenheit bedienen soll – insbesondere in Kombination mit Sweeneys blau-äugigem, blondem Erscheinungsbild.

In den Massenmedien kamen Bedenken auf, die Kampagne reproduziere subtile rassistische Codes und eugenische Narrative – manche verglichen sie sogar mit Nazi-Ästhetik. Obwohl die Nazis ja bekanntlich keine Jeans trugen. In Deutschland berichtete etwa die „Stuttgarter Nachrichten“ von Kritik, die das Vorgehen als „unüberlegt“ und teilweise sexistisch bezeichnete

Andere Stimmen hingegen verteidigen die Kampagne als überinterpretiert oder als gelungenen, provokativen PR-Coup – etwa das Weiße Haus, das Kritik als Cancel-Kultur und als übertrieben bezeichnete.

Wirkung & Resonanz

Trotz (oder wegen) der Kontroverse stieg der Aktienkurs von American Eagle um bis zu 10–20 %, was einige als bewusst kalkulierten Viral-Effekt in einem herausfordernden Einzelhandelsumfeld interpretieren. Trotzdem treten PR-Experten auf, die die Kampagne als „gescheitert“ oder zumindest als „bewusst provokant“ bewerten.

Sydney Sweeney selbst inszenierte sich als Marke bereits zuvor als kontrovers und eigensinnig, was zu kommerziellen Erfolgen hinführte, die ihr offenbar von manchen Akteuren in der US-Werbebranche nicht gegönnt werden. So vergleichen ihre Kritiker den aktuellen Slogan mit in Übersee branchenbekannten, echten Missgriffen wie der Kendall Jenner Pepsi-Werbung von 2017.

Was für die Kampagne spricht

Die Kampagne verfolgt einen spielerischen, provokativen Ansatz: modern, visuell stark und perfekt getimt für virale Aufmerksamkeit. Sie ist wirtschaftlich erfolgreich.

Und sie hat eine soziale Komponente: Die Spenden an Crisis Text Line für jede verkaufte „Sydney Jean“ geben Frauen, die diese Jeans tragen und auf die kontroverse Kampagne angesprochen werden, ein alltagstaugliches Argument für ihre Entscheidung an die Hand.

Einwände gegen die Kampagne

Neben der ideologisch aufgeladenen, woken Rhetorik gibt es auch sachliche Argumente gegen die Kampagne. So ist zweifellos die Vermischung einer Mode-Fiktion mit einer Rhetorik, die in einem kulturell sensiblen Zusammenhang leicht als eugenische Idealisierung missverstanden werden kann, ja dazu regelrecht einlädt. Eine sachlich nicht begründbare, lupenreine Provokation.

Oder, anders formuliert: Klamotten haben nichts mit politischen Debatten über Gene zu tun. Und vielleicht haben sogar Gene noch nicht einmal wirklich etwas mit Politik zu tun?

Fazit:

Die Sydney Sweeney-Kampagne von American Eagle präsentiert sich als gewagte Markeninszenierung: ästhetisch stark, bewusst provokant und kommerziell erfolgreich – aber kulturell riskant. Während die Marke mit Humor und stylischer Inszenierung große Aufmerksamkeit generiert, überlagerte die kollektive Debatte schnell die ursprüngliche Botschaft. Letztlich zeigt sie exemplarisch, wie Werbung heute historisch aufgeladene Codes berühren kann – und damit Aufmerksamkeit ebenso wie Widerspruch hervorruft.

Ein Gedanke zu „Wie Sydney Sweeney den Zeitgeist herausfordert“

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