Kiel: Weckruf für die AfD

Kiel: Weckruf für die AfD

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Zuletzt aktualisiert 10. Mai 2022

Bei der schleswig-holsteinischen Landtagswahl am 8. Mai 2022 ist es der AfD erstmals nicht gelungen, eine ihrer Fraktion in einem deutschen Landesparlament zu verteidigen. Sie büßte mehr als ein Prozent der Stimmen gegenüber der Wahl vor fünf Jahren ein – zu viel, um über fünf Prozent der Wählerstimmen zu kommen.

Schon frohlockt die „Zeit“: „Das Schrumpfen hat erst begonnen“. Dabei bleibt eine Besonderheit der Wahl im nördlichsten deutschen Bundesland unberücksichtigt. Denn den Massenmedien war es gelungen, eine totale Personalisierung dieser Landtagswahl zu erreichen, ein Zurückdrängen aller Sachthemen zugunsten der Frage: Für oder gegen Daniel Günther. Die AfD wurde nicht aus dem Landtag gewählt, weil ihre politischen Inhalte schlecht gewesen wären, sondern weil diese Inhalte schlicht nicht zur Kenntnis genommen worden sind.

Schuld an der Niederlage waren auch nicht Jörg Meuthen oder Björn Höcke oder der Streit im AfD-Landesverband um dessen frühere Vorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein. Streit und Intrigen gibt es ständig in allen Parteien, weshalb ja die Parteipolitik landauf, landab das Image hat, ein ebenso schmutziges wie undankbares Geschäft zu sein. Daran haben sich die Leute gewöhnt. Es gilt, Streitigkeiten zu vermeiden, um die eigenen Nerven und die eigene Motivationslage zu schonen. Die Leute außerhalb der Partei aber finden zu viel Harmonie eher langweilig.

Auch die permanente Hetze der Massenmedien gegen die AfD schadet weniger, als viele politisch hochinteressierte Menschen glauben. Wer kann sich noch an J. R. Ewing aus der US-Fernsehserie „Dallas“ vom Ende der 1970er Jahre erinnern? J.R. war das machtgierige, verschlagene Ekel dieser Serie. Trotzdem oder gerade deshalb kursierten damals Aufkleber und Anstecker mit der Losung „J.R. Ewing for President“. Wer will schon nette Leute ins Parlament wählen?

Mehr als alles andere schadet es der AfD, nicht erwähnt, also beispielsweise auch nicht beschimpft zu werden. Wer nicht beschimpft wird, ist politisch erledigt. Nichts ist tödlicher in der Politik, als belächelt und nicht zur Kenntnis genommen zu werden.

Alexander Gauland weiß das schon seit langem und hat deshalb manche Spitze gesetzt, die nicht von jedem AfD-Funktionär verstanden worden ist. Hätte er nicht gelegentlich rhetorisches Rambazamba veranstaltet, dann wäre die AfD 2017 nicht in den Deutschen Bundestag eingezogen.

Nur ist leider Alexander Gauland in den letzten Jahren nicht jünger geworden. Er kann den Karren nicht (mehr) alleine ziehen.

Der 8. Mai 2022 aber könnte für die AfD zu einem (wirklichen) Weckruf werden. Die Partei braucht eine boulevardeske, monatlich erscheinende Zeitung mit einer Werbeausgabe zur Massenverteilung, die ständig in der höchstmöglichen Auflage gerade auch außerhalb der Wahlkämpfe den Weg zum Bürger findet. Ihre Matadore müssen klug provozieren und alle paar Wochen eine andere Sau durch’s Dorf treiben, ohne sich dabei lächerlich zu machen. Vielleicht sollten sie die Freunde von der FPÖ mal fragen, wie das dereinst Jörg Haider gemacht hat. Dann werden zwar alle überlebenden Haider-Untertanen ihre selbst heute immer noch blutenden Wunden von damals vorzeigen und jammern und schimpfen – aber sie werden auch sagen: „Ja, der Haider, wie der provoziert hat, das war Klasse …“

So geht es. Und nicht anders.

Screenshot oben: Sehr brave Wahlwerbung der schleswig-holsteinischen AfD. Alles andere als provokant.

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